Meine Umgebung hat etwas Neufeudales. Jetzt, wo der Infekt fast verschwunden ist, stehe ich wieder häufiger am Fenster zur Moldau. Und schnell entdeckt man mich von dort unten. Passanten halten ihre Partner an und zeigen mit dem ausgestreckten Finger zu mir hinauf. Oder jemand kommt ganz wachsam und flaneursmäßig mit seiner Spiegelreflexkamera daher und nimmt sie in Anschlag, sobald er mich sieht. Das bloße Aufreißen des Fensters sorgt für Aufmerksamkeit dort unten, also öffne ich es nur noch ganz behutsam, ohne Ruck. Trotzdem richten sich die Blicke der eben noch ruhig Spazierenden wie auf Befehl nach oben, immer mehr Geräte werden gezückt. Schnell ziehe ich den Kopf zurück hinter die Sichtlinie. Schiebe ihn wieder vor und sehe die geduldigen Objektive noch immer hinaufgerichtet, auf mich, das Ausstellungsstück. Hasse oder liebe ich sie, diese aufmerksamen Leute, die mich für ihre urbane Ästhetik und ihre kunstsinnigen Fotografien ins Visier nehmen? Oder täusche ich mich und mein Aufreißen macht sie bloß aufmerksam auf die Art deco Malereien rings um meine Fenster?
Manchmal sieht man Dinge die andere nicht sehen. Mit bloßem Auge fühlt man sich beobachtet. Lass dich darauf ein. Zeige dich.